Die 17 Sustainable Development Goals der UN (SDG) bilden den Rahmen für die notwendige globale nachhaltige Entwicklung und sind in der Agenda 2030 verankert. Gemeinsam mit Expert*innen und in Zusammenarbeit mit Daniel Obst von der Agentur 2020 möchten wir euch in den kommenden Wochen regelmäßig Impulse zu verschiedenen SDG geben.
Zum Start hat uns Dr. Steffen Knodt ein paar spannende Antworten zum SDG 14 – „Leben unter Wasser“ gegeben.
1) Warum engagierst du dich für die Meere? Weshalb sind sie so wichtig für uns?
Ozeane bedecken mehr als 70% der Erdoberfläche und enthalten 97% allen Wassers auf unserem Planeten. Ozeane sind für die Menschheit überlebenswichtig – wir alle sind abhängig von gesunden Meeren. Rund die Hälfte allen Sauerstoffs in unserer Atmosphäre wird in den Meeren produziert, die Ozeane versorgen uns mit Nahrung und Energie, 70 Prozent der Weltbevölkerung leben in Küstennähe, zehn Prozent der Weltbevölkerung lebt sogar in niedriggelegenen Gebieten. Gleichzeitig sinkt in den Gewässern der Sauerstoffgehalt, die Ozeane heizen sich aufgrund des Klimawandels auf und versauern aufgrund des CO2-Eintrags aus der Atmosphäre, die Meeresspiegel steigen aufgrund der abschmelzenden Polkappen. Hinzu kommen weitere menschengemachte Belastungen wie Überfischung, Schadstoffeintrag durch Flüsse wie zum Beispiel landwirtschaftliche Düngemittel oder Plastikmüll. Für große Teile der Bevölkerung hier in Deutschland ist die hohe Bedeutung gesunder Ozeane für uns alle und die Dringlichkeit deren Zustand zu verbessern nicht ausreichend bewusst. Die nächsten zehn Jahre können über den Zustand der Ozeane in den kommenden tausend Jahren entscheiden. Daher engagiere ich mich insbesondere für die UN Dekade der Ozeanforschung für nachhaltige Entwicklung. Mit der UN Ozeandekade startet eine globale Kampagne mit dem Ziel, gemeinsam den Ozean zu gestalten, den wir für die Zukunft brauchen: gesund, voller Leben, mit geschützten Bereichen – aber auch ein nachhaltig genutzter Wirtschaftsraum für unseren Alltag.
Photo by Todd Cravens on Unsplash
2) Was können wir als Privatpersonen für den Schutz der Meere tun?
Weltweit ‒ aber auch bei uns hier in Deutschland ‒ engagieren sich viele Menschen in hervorragenden Initiativen oder Projekten für den Schutz der Meere. Hier kann sich jeder einbringen und auch in seinem näheren Umfeld etwas bewirken ‒ auch wenn man nicht direkt an der Küste wohnt. In meiner Heimatstadt Aachen hat sich zum Beispiel vor einigen Jahren Marcella Hansch dem Thema Plastikmüll im Meer angenommen und den Verein Pacific Garbage Screen gegründet, die Unterstützung von Privatpersonen und Crowdfunding hat am Anfang eine große Rolle gespielt. Zwischenzeitlich ist aus dem Verein das Startup Everwave geworden und entwickelt Technologien, um den Plastikeintrag in die Ozeane über die Flüsse zu reduzieren, ein zweites Standbein ist die Umweltbildung, um das Bewusstsein für Meeres- und Umweltschutz zu schärfen. Gemeinsam mit Marcella bin ich im Deutschen Ozean Dekaden Komitee, wir haben das Ziel, die UN Ozeandekade in Deutschland bekannt zu machen, die Umsetzung in Deutschland zu unterstützen und als Bindeglied zwischen den nationalen und internationalen Aktivitäten zu fungieren. Dabei unterstützen wir auch gerne bestehende Initiativen, um gemeinsam mit unseren Netzwerkpartnern eine größere Wirkung für die Ozeane zu entfalten.
3) Wie können Unternehmen aus Deutschland sich für „Leben unter Wasser“ einsetzen?
Für jedes Unternehmen sind die 17 UN Nachhaltigkeitsziele sind ein ausgezeichneter Rahmen, um die verfügbaren Ressourcen wirksam einzusetzen. Die SDGs stehen in Wechselwirkung zueinander, so hat zum Beispiel SDG13 „Maßnahmen zum Klimaschutz“ unmittelbar einen positiven Beitrag zum SDG14 „Leben unter Wasser“, da auch die Temperaturerhöhung und der CO2-Anstieg in den Ozeanen reduziert wird. Auf der COP26 wurden die Ozeane endlich mit in die Klima-Ziele aufgenommen – hierzu hat UN Global Compact „The Ocean Climate Nexus – A Blueprint for a climate smart ocean to meet 1,5°“ mit nützlichen Empfehlungen für Regierungen, Unternehmen und die Finanzbranche veröffentlicht. Ebenso führt SDG12 „Nachhaltiger Konsum und Produktion“ zu vermehrter Kreislaufwirtschaft und weniger Eintrag von Plastikmüll über die Flüsse. Unternehmen der maritimen Branchen und der Blue Economy, haben natürlich direkte Möglichkeiten sich bei SDG14 einzubringen. Hier bietet die „Sustainable Ocean Business Action Platform“ von UN Global Compact gute Orientierungshilfen mit praktischen Richtlinien z.B. für Aquakultur oder Offshore-Energie. Natürlich können sich alle Unternehmen aktiv „Leben unter Wasser“ einsetzen, indem sie Initiativen oder Startups in diesem Bereich unterstützen. Um beim Thema Meeresmüll zu bleiben, so werden Müll-Sammelaktionen von Everwave teilweise auch von Unternehmen bzw. deren Stiftungen finanziert. Gerade in Deutschland gibt es eine Reihe von weiteren Startups zum Meeresmüll wie z.B. Plastic Fisher, Making Oceans Plastic Free oder One Earth – One Ocean. Das Startup CleanHub unterstütz weltweit Müllsammelprojekte mit der Hilfe von Unternehmen, die dadurch ergänzend zu den eigenen Plastik-Einsparungen ihren verbleibenden Plastik-Fußabdruck ausgleichen können.
Photo by Brian Yurasits on Unsplash
4) Gibt es dafür ein Unternehmen mit Vorbildcharakter, von dem die anderen etwas lernen können? (#SDG17)
Statt auf ein Unternehmen, würde ich gerne einem Sportler mit Vorbildcharakter gratulieren, der in 2021 enorm viel für die Ozeane erreicht hat. Und zwar hat der Profi-Segler Boris Herrmann sein Rennen um die Welt bei der Vendée Globe dazu genutzt, um auf die Bedeutung der Ozeane für den Klimawandel sowie die UN Ozeandekade aufmerksam zu machen – es war auch ein Rennen für die Wissenschaft. Während der 80 Tage alleine auf See, hat Boris mit seiner Rennyacht „seaexplorer“ mit ein eigenes Ozeanlabor dabei. Damit konnte er während der Fahrt wichtige Daten zu CO2-Gehalt, Temperaturen oder Salzgehalt erheben – es ist der erste Datensatz, der einmal um die Welt gegangen ist. Die Daten sind auch deshalb so wichtig, weil die das Segelrennen in Regionen durchgeführt wird, in denen sonst kaum Forschungsschiffe unterwegs sind. Die Sponsoren von Boris haben voll die Klimabotschaft mitgetragen und die Messkampagne wurde durch Unternehmen für die die Messgeräte und Institute für die Datenauswertung unterstützt. Neben seinen Segelrennen setzt sich Boris mit seinem Team Malizia noch für das Aufforsten von Mangroven-Wäldern und die Ozean-Bildungsprogramme an Schulen ein. Es auch weitere Persönlichkeiten, die sich bei uns in Deutschland für die Ozeane einsetzen und deren Projekte auch einer breiteren Öffentlichkeit bekannt gemacht werden sollten. So ist Arved Fuchs 2021 wieder zu einer Ocean Change Expedition in die Arktis aufgebrochen, um mit seinem Segelboot „Dagmar Aaen“ die folgen des Klimawandels auf den Golfstrom zu dokumentieren – an Bord war das gleiche Ozeanlabor wie bei Boris, das schon seit einigen Jahren zuvor bei Arveds Expeditionen zur Technologiereife gebracht wurde. Seitens der Gesellschaft für Maritime Technik GMT würden wir gerne im Rahmen der UN Ozeandekade mehr derartige „Ships of Opportunity“ mit Ozeanlaboren ausrüsten und suchen dafür Unterstützer. Auch andere Sportler setzen sich als Botschafter für die Ziele der UN Ozeandekade ein und begleiten diese mit Initiativen. Der Extrem-Schwimmer André Wiersig – der bereits alle sieben Meerengen wie z.B. den Ärmelkanal durchschwommen hat – ist als Botschafter der UN Ozeandekade diesen Sommer erstmalig von St. Peter-Ording nach Helgoland geschwommen – das hat vor André noch niemand versucht. Für die 48,5 Kilometer Luftlinie hat André 18 Stunden und 14 Minuten gebraucht – als Schwimmer und nur in Badehose ist wohl niemand näher dran an den Meeren als André. Wir brauchen unbedingt Persönlichkeiten wie Boris, Arved und André sowie viele andere, um die Begeisterung für die Ozeane weiterzutragen und um auf die Dringlichkeit für mehr Einsatz für das SDG14 „Leben unter Wasser“ und die UN Ozeandekade aufmerksam zu machen. Wir danken allen bisherigen Unterstützern und freuen uns auf Weitere!
Leben unter Wasser und die anderen Nachhaltigkeitsziele sind wichtige Anliegen für Dich und deine Organisation? Oft ist der Einfluss auf die verschiedenen Nachhaltigkeitsziele nicht auf den ersten Blick zu erkennen bzw. fehlt es an Selbstwirksamkeitsüberzeugung und Handlungsfeldern um aktiv tätig zu werden. Gerne erarbeiten wir gemeinsam in unterschiedlichen Workshopformaten, wie du und dein Umfeld nachhaltiger handeln.